Eres Holz

MEDIA

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February 2015

Kol Ha'Musica

Zmira Lutzki

Israel Contemporary Players

Zsolt Nagy

Trällernde Erinnerung (2010)
for flute, clarinet, viola, piano and percussion


In Walter Benjamins Berliner Kindheit um neunzehnhundert findet sich vor dem Hintergrund des traumatischen durch die Nationalsozialisten erzwungenen Exils des Autors eine doppelte Entwurzelungserfahrung: die der zeitlichen Distanz des Erwachsenen zu seiner Kindheit und die der räumlichen Entfernung des Exilanten zu seiner Heimat. Die poetische und schöpferische Kraft des Werkes liegt für mich in der Spannung zwischen der künstlerischen bzw. der sprachästhetischen Erzählweise der Erinnerungen, die ich als "idealisierte Vergangenheit" bezeichnen möchte, und der realen, pessimistisch stimmenden Lage im Exil. Die Erinnerungen werden nicht informativ im Sinne eines Tagebuches dargelegt, sondern mit künstlerischen Vorstellungen, die ich als "ideal" im Gegenteil zu "real" verstehe, zu etwas Neuem verbunden. Die gewaltsame bzw. dramatische Dissonanz der Differenz von "ideal" (im Sinne des eingedachten Vergangenen) und "real" (im Sinne des historisch Aktuellen) steht im Mittelpunkt meines Werkes.

Trällernde Erinnerung folgt der Idee eines Entwurzelungsprozesses. Das Stück besteht aus fünf Teilen (in der Form ABABA), die sich durch ihre wesentlichen Merkmale (Harmonik, Motivik und Rhythmik) voneinander unterscheiden. A ist wesentlich durch eine perkussive, tanzartige Faktur gekennzeichnet, während B wesentlich aus Material für Solo-Flöte und langsamer harmonischer Bewegung im Ensemble besteht. Die Inszenierung der "Entwurzelung" wird dadurch erreicht, dass allmählich bei jeder Wiederholung eines Teils (A oder B) bestimmte Merkmale des entsprechenden Teils ausfallen bzw. stark variiert werden. Durch das Weglassen bestimmter Merkmale entsteht eine Differenz zwischen dem Aktuellen und dem Vergangenen, die die vertraute Wiedererkennung der Teile in Frage stellt bzw. die Hörer in die Verfremdung führt. Die Oszillation der musikalischen Wahrnehmung zwischen dem Aktuellen und dem Vergangenen suggeriert ein nicht-lineares bzw. ein aktives Hören, das den Prozess des Erinnerns exemplifiziert.

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kol ha musica-02-2015